Die Ratskellerfrage

... hat bei den Inhabern der hiesigen Gastwirtschaften vielfach besonderes Interesse erregt und hier und da zu lebhaften Diskussionen am Biertisch geführt. Daß man die Konkurrenz nicht wünscht, ist ohne weiteres klar. Es seien genug Wirthschaften da, sogar ,,mehr als genug“, denn die geringe Einnahme in manchen Fällen gebe so schon genug Anlaß zur Sorge. Wozu also da noch die Konkurrenz vermehren? Ein Bedürfnis sei absolut nicht vorhanden, obwohl es im Uebrigen ja recht schön sei, wenn wir einen Rathskeller hätten. So ungefähr war der Kernpunkt der Biertischdebatten. Nun haben auch die Vertreter der Bürgerschaft in der Stadtverordneten-Versammlung sich geäußert, und auf Antrag des Herrn Träger beschlossen, daß die Entscheidung der Frage vorläufig vertagt werde. Es handelte sich dabei um das Sümmchen von 11.200 Mark. Der Vertreter des Magistrats wies darauf hin, daß die Resultate der Rathskeller-Wirtschaften überall günstig seien. Die aufgewendeten Mittel würden sich sehr gut verzinsen. Aus der Mitte der Stadtverordneten wurde geltend gemacht, es sei nicht angebracht, wenn in einem derartigen Hause, in welchem ernster Rath zum Wohle der Bürger geflogen werden, ein Lokal sich befinde, das zu Kneipenzwecken diene. Von anderer Seite wurde betont, die beim Glase Bier geflogene Geselligkeit und die dabei gewonnenen Eindrücke seien von gutem Einfluß auf die Klärung und Verhandlung städtischer Angelegenheiten. Ein Stadtverordneter hatte sich der Mühe unterzogen und nach 41 Städten geschrieben; aus den Antworten ging hervor, daß davon 2/3 davon keinen Rathskeller hatten. Dann wurde noch auf die gedrückte Lage der Gastwirthe hingewiesen, die Stadtverwaltung selbst solle doch diesen nicht auch noch Konkurrenz bereiten. Die Sache ist also vertagt und die Wirte können ihre Sorgen ob dieser Konkurrenz noch eine Zeit ,,schlummern“ lassen.
     
 

 

 
(Gefunden im Quedlinburger Kreisblatt 6. Juli 1900)
>>> zurück