Die letzten Zeilen über den alten Ratskeller - 24. April 1895

Die letzten Zeilen, die über den alten Ratskeller geschrieben wurden.
Der Ratskeller wird abgebrochen und hört auf
als Restaurant und Vergnügungslocal zu existieren. Wer
hätte je hieran gedacht?
Wie manche glückliche Stunde ist in diesem Local
verlebt? Wie viele Herren und Damen haben hier
das Tanzen gelernt, und wenn wir noch weiter zurück=
denken, oder besser gesagt unsere Großeltern erzählen
lassen, wie manche Operetten= und Theatervorstellung hat
sich dort abgespielt und nun ist Alles, - Alles vorbei!
Circa 10 Vereine haben hier ihre Uebungen und
Vergnügungen abgehalten, wo nun hin? Wo werden
nun alle die trauten Räume herkommen? Wird man
sich in den neuen Räumen wohl fühlen? Wer wird
allen Anforderungen gerecht werden können? So gehen
die Fragen, so fliegen die Gedanken hin und her! Wir
hoffen, daß Alles gut wird.
Will es doch der Zufall, daß zwei Lokale sich ab=
mühen, den hiesigen Vereinen viel zu bieten, welche den
Ratskeller verlassen müssen.
Der Kaiserhof beabsichtigt, noch einen großen,
eleganten Saal zu bauen; geschieht dies, so ist anzu=
nehmen, daß wir Quedlinburger dann unsern alten
lieben Ratskeller vergessen können.
Zugleich wird durch den neuen Straßendurchbruch
der Theaterlocal=Besitzer gezwungen, neu zu bauen;
unser Theaterlocal bekommt eine ganz andere Form,
sogar das Wohnhaus muß mit fort und wird der
Haupt=Eingang von dem neuen Straßendurchbruch aus
ferner sein.
Dann soll, wie wir gehört haben, hier noch ein
großer Saal angebaut werden, welcher bei besonders
großen Festlichkeiten als Speisesaal benutzt werden
kann.
Ist dies letztere Thatsache, so können wir mit
leichtem Herzen dem Abbruch unseres alten Ratskellers
entgegensehen und wäre es sicher ratsam, wenn der
eine oder andere Verein vom Ratskeller sich mit dem
Theaterlocal=Besitzer in Verbindung setzte, um beim
Neubau etwaige Wünsche hier laut werden zu lassen.
werden zu lassen.

Gefunden im Quedlinburger Kreisblatt vom 24. April 1895

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