Arbeitsvertrag eines Nachtwächters aus dem Jahre 1840

 
Der Beruf des Nachtwächters war in früherer Zeit sehr verbreitet und auch sehr wichtig. Heute ist dieser Berufszweig ausgestorben. Die Verhaltensregeln und die Arbeitsweise in diesem uralten Berufsstand daher den meisten unbekannt.
Bekannt ist meist nur, dass er laut die nächtlichen Stunden ausrief. Die Aufgaben des Nachtwächters waren aber weitaus vielfältiger und in einer so genannten Regulation, etwa einem Arbeitsvertrag vergleichbar, genau geregelt.
Glücklicherweise existiert noch ein Originaldokument aus dem Jahre 1840 über einen gewissen Herrn Schmidt, wohnhaft in der Wassertorstraße in Quedlinburg und dem Magistrat der Stadt Quedlinburg. Dieses Dokument regelt in 8 Paragraphen und insgesamt 10 handgeschriebenen Seiten alle Einzelheiten dieses Berufszweiges.
 
Danach war die Stadt in 15 Reviere mit je einem Nachtwächter aufgeteilt.
Wichtigste Aufgabe war es, Einwohner und Stadt vor nächtlichen Beschädigungen zu schützen. Es durfte nur Nachtwächter werden, wer einen unbescholtenen Ruf besaß, körperlich rüstig und nicht über 40Jahre alt war. Er musste Zusammenhänge verständlich vortragen können. Auch sollte er laut § 2 Abs.3 in der Lage sein, einen kurzen Aufsatz niederzuschreiben.
 
Wichtig war auch, dass gesetzliche Versorgungsansprüche vorhanden waren, da bei Kündigung keine Pension oder Entschädigung gezahlt wurden. Die Kündigungszeit betrug 3 Monate.
 
Die Pflichten der Nachtwächter waren besonders umfangreich. Sie hatten sich anständig und gesittet in und außerhalb des Dienstes zu betragen. Allen Umgang mit verdächtigen Personen musste sorgfältig vermieden werden. “Mit Verhältnissen der in ihrem Reviere lebenden Personen, insbesondere der verdächtigen Individuen wird er sich bekannt machen.” Die Anweisungen des Magistrats und der Polizei genauestens befolgen. Dies waren die allgemeinen Verpflichtungen.
 
In den besonderen Verpflichtungen kann man nachlesen:
 
1)Sie müssen sich gegen 10:00 Uhr abends im Revier einfinden und verbleiben in derselben in der Zeit vom 15.03. bis 15.09. bis 4:00 Uhr morgens, in der übrigen Zeit bis 5:00 Uhr morgens, ohne sich niederzulegen.”
 
2)Sie bezeichnen die Stunden, in denen sie mit der Pfeife einen langsamen verfallenden Ton angeben und mit lauter Stimme rufen -–Die Glocke hat 10, 11 usw. geschlagen -. Die Orte, an welchen die Stunden angekündigt werden sollen, werden jedem Nachtwächter besonders angegeben werden.”
 
3)Weiterhin müssen sie: alles beobachten, insbesondere, ob Haustüren und Fensterläden verschlossen sind, “unter polizeilicher Aufsicht stehende Personen” kein Verbrechen begehe - Achtgeben, dass keine Wasser, Feuer- und andere Gefahr besteht.
 
  • Nächtliche Ordnung und Ruhe aufrechterhalten wird.
  • Das Revier beständig zu durchgehen.
  • Durch Aufdrücken der Türklinken untersuchen, ob Türen verschlossen sind.
  • Verdächtige Personen anzuhalten und zu befragen (Name, Stand usw).
  • Wenn er zu den unter polizeilicher Aufsicht stehender Personen gehört, evtl. zu arretieren bzw. im “Arrestlokal” abzuliefern.
  • Mühlgraben zu beobachten, ob ungewöhnliches Anschwellen des Wassers erfolgt, dann Besitzer der Mühlen informieren (Schütze ziehen).
  • Bei Feuer Bevölkerung über Horn zu alarmieren.
  • Über eine knochende Pfeife bei Angriff die anderen Nachtwächter zu Hilfe holen.
  • Gegen Diebe und Ruhestörer Schutz zu gewährleisten.
  • Er darf kein anderes Nebenamt übernehmen oder für Lohn Handarbeit übernehmen.
  • Keine Neujahrsgeschenke entgegennehmen.
  • Das Absingen von Liedern auf Verlangen von Hinterbliebenen eines Verstorbenen durch den Nachtwächter war nicht erlaubt.
Weiterhin verboten war den Nachtwächtern Trunkenheit im Dienst, der Umgang mit verdächtigen Personen, Diebstahl und andere Verbrechen. Vorsätzliche Unterlassung war ein strenges Vergehen.
 

“Der Nachtwächter muss sich jeder Abänderung seiner Instruktion und jeder Vermehrung seiner Dienstpflichten ohne Widerrede gefallen lassen.”

 
Ohne Entgelt mussten Straßenlaternen gereinigt und angezündet werden. Das Diensteinkommen eines Nachtwächters bestand aus 96 Talern Courant und wurde in monatlichen Raten aus der Kämmereikasse bezahlt.

  Mit freundlichen Grüßen
 
Alexander Shaner
Dresdner Bank AG
CFM Corporate Facility Management
Corporate Security