Bunter Hund auf dem Berg |
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Schöne Orte Rüdiger Mertsch zieht es oft auf den Münzenberg. |
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von Kerstin Beier - Mitteldeutsche Zeitung, 26.Aug.2009 |
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Gewicht oder Kreislauf sind dem 70- jährigen Rüdiger Mertsch völlig wurscht. Darüber muß er sich keine Gedanken machen. Und das liegt vielleicht am Lieblingsplatz des Quedlinburger Stadtführers, dem Münzenberg. Mehr als 100 Stufen führen dort hinauf, auch außerhalb von Stadtführungen zieht es ihn immer wieder auf die Spitze der markanten Erhebung. Der Aufstieg lohnt sich, denn von hier hat man einen weiten Blick über die Dächer der Stadt und hinüber zum Schloss mit dem mächtigen Dom. Doch nicht nur des Ausblicks wegen lenken ihn seine Schritte so zielgerichtet auf den 153 Meter hohen Berg. Er kennt wahrscheinlich jeden der 102 Bewohner, die in seinen Augen ,, alle sehr nett “ sind. Und er muß es wissen, denn als damaliger Bauleiter war er während der umfangreichen Sanierungsarbeiten am komplizierten Abwasserprojekt beteiligt. Damals habe man sich kennen gelernt, musste sich arrangieren, ,, zeitweise sah es bei der ganzen Buddelei ja aus wie im Krieg “ erinnert sich Mertsch. Der Münzenberg war die letzte große Baustelle des gelernten Gärtners und studierten Landschaftsgestalters, der beim Grünanlagebau Ostharz seine Brötchen verdiente, vor dem Abschied ins Rentnerleben. ,, Ich denke, ich kenne jeden Zentimeter unterhalb der Erdoberfläche “ , behauptet der Stadtführer. Und auf dem Münzenberg kennen sie ihn, ganz klar. Die ,, ganze Buddelei “ hat sich gelohnt. Auf dem Münzenberg taucht der Besucher ganz plötzlich ein in eine andere Welt. Nichts Städtliches gibt es hier- mit Ausnahme des Museums oder der Gaststätte mit ihrer großen Terrasse vielleicht. Alles wirkt verwinkelt, verwunschen, im Sommer fast mediterran mit den Häuschen unterschiedlichen Baustils, einige fast 300 Jahre alt, dem mittelalterlichen Pflaster und den Kanaldeckel mit Quedlinburger Wappen. | ||||||||||||||||||||||||
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,, Hier ist der schönste Platz von ganz Quedlinburg “. sagt der Stadtführer, der sich von frühester Jugend an für Geschichte interessiert. Das mit dem schönsten Platz scheint nicht nur seine Meinung zu sein, sondern auch die zahlreicher Künstler. Kein Stadtteil ist so oft gemalt worden wie der Münzenberg, man habe 32 Motive von unterschiedlichen Malern gefunden, weiß Mertsch zu berichten. Rüdiger Mertsch , gebürtiger Ostpreuße, bezeichnet sich zwar selbst als ,,Zugereisten“,den die Kriegswirren nach Quedlinburg geführt haben, doch habe er eine ,, waschechte Quedlinburgerin“ geheiratet. Die steht genauso wie der Sohn hinter dem Hobby des Familienoberhauptes. Wenn er als Nachtwächter in voller Montur mit Horn, Laterne, Hellebarde und eine Tasche voller Prospekte unterwegs ist, dann übernimmt seine Frau bereitwillig den Fahrdienst, sein Sohn unterstützt ihn in Sachen Computertechnik. Denn Rüdiger Mertsch führt nicht nur ganze Heerscharen von Gästen durch die Welterbestadt, sondern veröffentlicht Geschichtstexte m Internet. Inzwischen hat er so viel Material zusammengetragen, dass er einen eigenen Keller damit füllt. Ist er nicht als Nachtwächter unterwegs, denn sieht man ihn im Winter stets mit einer wärmenden Fellmütze. Seit 1986 arbeitet er nebenher als Stadtführer, seit 14 Jahren macht er auch die beliebten Nachtwächterführungen und erfreut seine Gäste mit Historischen und Begebenheiten am Rande. ,, Ich will die Leute nicht mit Zahlen zuschütten und versuche, Wissenswertes in kleine Geschichten und Legenden zu verpacken“, so sein Credo. Bei den Gästen kommt das offenbar gut an, meistens dauert die Rundgänge dann doch länger als geplant, und es kommt selten vor, dass er auf eine Frage keine Antwort weiß. | ||||||||||||||||||||||||
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