Vorwort

Quedlinburg, den 4.September 1926

Prof. Dr. phil. S. Kleemann,

Geh. Studienrat.

Die viel getürmte Stadt Quedlinburg ist seit Jahrhunderten ein bevorzugter Gegenstand malerischer Darstellungen gewesen. Die Silhouette der Gesamtansicht hat eine große Anzahl von Malern und Zeichnern gereizt, sie im Bilde festzuhalten. Die verschiedenartigen Kirchtürme geben dem Stadtbilde den großen Zug, den die vielen Mauer- und Stadttore so eigenartig reizvoll belebten.
Schon 1581 erscheint in der Braun-Hogenbergschen Sammlung "Urbes praecipuae totius mundi" das erste Stadtbild mit der dann immer auf den weiteren Bildern wiederholten Staffage ländlicher Arbeiter, die den ausgesprochenen landwirtschaftlichen Charakter der Stadt mit ihrer 30 000 Morgen großen Feldflur charakterisieren sollen.
Der Meriansche Kupferstisch von 1650 ist nur ein Nachstich  nach dem Braun-Hogenbergschen Blatte. Eine im städt. Museum befindliche feine, auf silberner Platte gereimte Ansicht ist eine Arbeit von Maria Luch aus dem Jahre 1630.
Werstvoll sind zwei Stadtbilder aus der Vogelschau, das eine aus der Zeit von 1662, das andere von 1685, jetzt im sächsischen Staatsarchiv in Dresden aufbewahrt.  Im 18. Jahrhundert entsteht eine Reihe weiterer Gesamtstadtbilder, denen sich dann im 19. eine Fülle von Teilansichten anschließt.
Von der alten Mauerbefestigung der Stadt sind noch große Reste erhalten; auch von den Mauertürmen, deren man 1782 noch 22 zählte. Verschwunden sind seit Beginn des 19. Jahrhunderts sämtliche noch bis dahin bestehenden Stadttore. Begründet wurde ihr Abbruch mit einseitig betonten Verkehrsinteressen. Historische Erwägungen oder ästhetische Rücksichtsnahme auf das Stadtbild haben diese Zeugen der wehrhaften Vergangenheit der Stadt nicht vor dem Untergange retten können. Erst in den letzten Jahrzehnten erinnerte man sich mit einem Gefühle des Bedauerns im Hinblick auf so manches wohl erhaltene Stadttor auch unserer Nachbarstädte dieser alten Werke, und es wurde der Plan erwogen, sie wenigstens im Bilde an ihrem Stadttore wieder aufleben zu lassen.
Herr Rudolf Rinkenberg hat sich der mühevollen, aber ergebnisreichen Arbeit unterzogen, nach alten Stichen, Zeichnungen, Plänen und nach den Angaben und Werttaxen in den Akten über die Abbruchsarbeiten 8 dieser Stadttore neu zu zeichnen. Sie sind die Vorbilder für die Reliefdarstellungen auf Kupferplatten geworden, die die Goldschmiedefirma F. Jenrich in kunstreicher Weise hergestellt hat.
Diese Platten sind jüngst vom Quedlinburger Verkehrs- und Verschönerungsverein gestiftet und an den Häusern, die an die alten Tore grenzten, angebracht worden und bilden einen neuen Schmuck in unserem Stadtbilde.
Um auch weitern Kreisen diese interessanten Erinnerungen an alte Zeiten vor Augen zu führen, hat Herr Rinkenberg diese  8 Tore gezeichnet und sie mit 4 anderen schon längst verschwundenen Toren und Türmen zu einer künstlerisch wertvollen Mappe vereinigt, die allen Bürgern Quedlinburgs als hübsches Andenken und als Geschenk an Freunde unsere Stadt empfohlen sei.
Weitere Bilder, die nicht zur Sammlung gehören: